BMJV will Verlegerbeteiligung und Leistungsschutzrecht vorziehen
Im kürzlich veröffentlichten Diskussionsentwurf des Bundesjustizministeriums zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie geht es vor allem um Rechte für Verlage. Trotz einiger konkreter Festlegungen lässt die kurzfristig erstellte Vorlage viele Fragen offen.
Vor rund zehn Tagen legte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen Diskussionsentwurf (PDF) vor und macht damit den ersten Schritt bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zum Digitalen Binnenmarkt. Das für alle Mitgliedssaaten verbindliche Gesetzespaket trat im Juli 2019 in Kraft und muss bis spätestens Juni 2021 in nationales Recht umgesetzt sein, wobei die Staaten hierfür bei vielen Regelungen Spielräume in der Ausgestaltung haben.
Der nun vorgelegte Entwurf – der noch kein Gesetzesvorschlag ist, sondern einem solchen vorangeht – ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen greift er nur einen kleinen Teil der Richtlinie auf. Genauer gesagt nur fünf der insgesamt 32 Artikel, in denen hauptsächlich das Leistungsschutzrecht für Presseverlage, die Verlegerbeteiligung an gesetzlichen Vergütungen sowie das Text- und Datamining formuliert sind. Zum anderen legt das BMJV den Entwurf vergleichsweise schnell vor.
Eile mit Ansage
Doch die ungewöhnliche Tempoverschärfung kam nicht überraschend. So erklärte Matthias Schmid, Leiter des Referats für Urheber- und Verlagsrecht im BMJV, bereits im November auf der Konferenz „Zugang gestalten!“ in Frankfurt am Main, dass die Umsetzung schrittweise erfolgen und bereits im Frühjahr 2020 beginnen werde.
Und Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, gab in ihrer Rede bei einer Urheberrechtskonferenz Anfang Dezember in Berlin unumwunden zu, dass ihr Haus das BMJV und die Bundesregierung dazu drängen werde, den Verlagen auf gesetzgebendem Weg schnellstmöglich zu helfen.
Die Verlegerbeteiligung betrachtete sie als „dringlich“, weil schon viel Schaden entstanden sei und kleinere Verlage aufgrund der Rechtsprechung noch immer mit massiven finanziellen Problemen zu kämpfen hätten, so Grütters: „Deshalb können wir damit nicht warten, bis auch der letzte Artikel der Richtlinie soweit diskutiert ist, dass er umgesetzt werden kann.“
In den Begründungen zu seinem Diskussionsentwurf behauptet das BMJV, es gebe einen „breiten politischen Konsens, eine kalkulierbare Beteiligung der Verleger an gesetzlichen Vergütungen als Grundlage für gemeinsame Verwertungsgesellschaften von Urhebern und Verlagen zeitnah wieder zu ermöglichen“.
Was steht im Diskussionsentwurf?
Verlegerbeteiligung
Die EU-Richtlinie sieht bei der Verlegerbeteiligung (Artikel 16) vor, dass die Mitgliedsstaaten eine solche gesetzliche Regelung einführen können – doch sie verpflichtet sie dazu nicht.
Im Entwurf des BMJV steht, dass Verlage zukünftig ein Recht darauf haben, an den gesetzlichen Vergütungen – die für Privatkopien oder die Nutzung geschützter Inhalte für Forschung und Bildung zu zahlen sind – beteiligt zu werden. Hierfür soll das zuletzt 2017 veränderte Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) erneut reformiert werden.
Momentan ist die Beteiligung eines Verlages an den Vergütungen nur dann möglich, wenn ein*e Urheber*in ihr ausdrücklich persönlich zustimmt.
Die obligate Ausschüttung an Verlage, die bis 2016 übliche Praxis war, mussten die Verwertungsgesellschaften aufgrund eines BGH-Urteils (Martin Vogel) beenden. Zudem verhindert eine derzeit noch gültige Rechtsprechung des EuGH (Reprobel) die unmittelbare gesetzliche Verlegerbeteiligung.
Laut Diskussionsentwurf soll den Verlagen prinzipiell eine Beteiligung von bis zu einem Drittel zustehen, mindestens zwei Drittel müssen den Urheber*innen zukommen. Über die genaue Quote müssten dann Verwertungsgesellschaften entscheiden und sie in ihren Verteilungsplänen festlegen.